Reisen mit (Klein-)Kindern

(Fern-)reisen mit Kindern (vor allem in weniger entwickelte Länder) ist für viele eine große Blockade - viel zu gefährlich! Was ist denn mit der medizinischen Versorgung? Gibt es überhaupt Windeln? Und was ist mit den ganzen Sachen? Wie bewege ich mich fort? Da fahr ich doch lieber nur and die Ostsee...

Reisen mit Kindern ist definitiv anders, das ist klar. Aber nicht unmöglich!

Ich fand den Gedanken beruhigend, dass es überall auf der Welt Kinder gibt. Warum sollte ich mein Kind also nicht mitnehmen können?

Hier findet ihr ein paar Infos und Tipps zum Reisen mit Kindern.

Allgemeine Anmerkungen und Ratschläge

Reisen mit Kindern kann entweder sehr stressig oder sehr schön sein. OK, to be fair - es wird vermutlich beides in gewissem Maße vorkommen. Aber je nach dem wie man an die Sache rangeht wird das ein oder andere überwiegen.

Wir empfinden das Reisen mit unserer Tochter insgesamt als sehr schön und recht einfach, unsere Tochter ist diesbezüglich sehr pflegeleicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass das daher kommt, dass wir sie von Anfang an überall hin mitgenommen haben und relativ früh mit dem Reisen angefangen haben (ich habe sie bereits ab 5 Wochen auf Autoreisen zu Familienbesuchen innerhalb von Deutschland mitgenommen und mit 7 Monaten ist die dann das erste Mal geflogen).

Grundsätzlich gilt - die "Probleme" von zu Hause bringt ihr natürlich mit. Ausraster, Meltdowns usw. wird es auch auf Reisen geben. Ihr wisst also schon vorab worauf ihr euch einlasst ;). Unsere Tochter weigert sich z.B. sich abends von jemand anderem als mir ins Bett bringen zu lassen. Wenn wir es dann doch mal durchsetzen, ist es immer ein riesiges Theater. Wir haben leider versäumt das frühzeitig zu Hause zu üben und haben das Problem natürlich auch auf Reisen mitgenommen. Und natürlich gibt es auch die Meltdowns, Wutanfälle, Trotzphasen usw. Wenn ihr das sowieso durchmachen müsst, entscheidet euch wenigstens dafür das in einer schönen Umgebung zu machen 😉.

Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass einiges auf Reisen einfacher ist. Unterhaltung zum Beispiel - da man eigentlich die ganze Zeit auf Achse ist, ist es viel einfacher das Kind zu unterhalten und bei Laune zu halten als in den heimischen vier Wänden, weil es alles spannend findet und es immer was Neues zu sehen gibt.

Mein bester Ratschlag für eine schöne Erfahrung ist, das Ganze entspannt anzugehen und strikte Strukturen, wie fixe Essens- und Schlafenszeiten fallen zu lassen und sich nicht stressen zu lassen von Erwartungen oder wie etwas ablaufen sollte. Das funktioniert sehr gut für uns.

Ansonsten plant bei allem mehr Zeit ein. Wir bleiben grundsätzlich mindestens 1-2 Tage mehr an einem Ort als wenn wir nur zu zweit gewesen wären.
Mehr Zeit einplanen gilt natürlich auch für Wanderungen oder Laufwege - gerade wenn die Kleinen mehr und mehr selber laufen wollten ist das ein nicht zu vernachlässigender Zeitfaktor 😉.

Was unserer Erfahrung nach mit Kindern nur noch sehr schlecht funktioniert oder zumindest enorm viel Stress verursacht, ist zu viel Spontanität und Planung von einem Tag auf den anderen. Zumindest einen groben Plan wo man hin möchte, ob und wie man dorthin kommt und was man in etwa dort unternehmen und sehen möchte sollte man schon haben, da mit Kind kaum Zeit zum Planen bleibt. Meistens kommt man erst abends dazu, wenn das Kind schläft. Wenn man das bisschen Zeit dann nutzen muss um zu entscheiden wohin man weiterreisen will, wie man dort hinkommt, wo man übernachten kann usw. ist das auf Dauer ziemlich anstrengend und stressig. Haben wir eine Weile gemacht und das war schon ein ziemlicher Bumper. Inzwischen haben wir zumindest die Route im Kopf und wissen wie man von A nach B kommt, sodass wir uns nur noch um Unterkünfte und die Ticketbuchung für das Verkehrsmittel der Wahl kümmern müssen wenn wir uns entschieden haben wann wir weiterreisen wollen.
Kürzere, in sich geschlossene Reisen haben wir sogar teilweise komplett durchgeplant und vorgebucht, was vor Ort deutlich entspannter war.

Windeln und Babyartikel gibt es eigentlich überall, wenn ihr aber in kleinere Orte fährt, ist es empfehlenswert, sich vorher mit genug Windeln und Feuchttüchern einzudecken. Die Auswahl ist nicht immer gut, manchmal sind in den kleinen Minimärkten nicht alle Größen vorhanden, deswegen ist es besser wenn man nicht unbedingt darauf angewiesen ist.

Medizinische Versorgung  & Vorsorge

Sofern euer Kind nicht hyperempfindlich ist, Vorerkrankungen hat, die regelmäßige Krankenhausaufenthalte oder Besuche beim Spezialisten erfordern oder spezielle Medikamente benötigt, gibt es keinen Grund mit dem Kind nicht zu verreisen.
Ich persönlich würde mit Kind total abgelegene Ecken vermeiden (z.B. die östlichsten Inselgruppen in Indonesien, wo man nur mit mehreren Flügen und noch mehr Bootsfahrten hinkommt). Wäre blöd, wenn dann doch mal was ist und der nächste Arzt eine 2-Tages-Reise entfernt ist.
Ansonsten gibt es grundsätzlich überall Ärzte (haben wir hier und da auch schon in Anspruch genommen). Mit Google (Maps) findet man (englischsprachige) Ärzte mit guten Bewertungen in der Nähe und ansonsten ist das nächste Krankenhaus eine gute Wahl. Für "normale" Krankheiten oder Probleme kann man das getrost in Anspruch nehmen. Und sind wir mal ehrlich - wenn irgendetwas Gravierendes wäre würde man die Reise eben abbrechen und einen Rücktransport veranlassen (egal, ob es dabei das Kind oder man selbst betroffen ist). Das bringt mich zum nächsten und wichtigsten Thema:

Eine Auslandskrankenversicherung ist Pflicht (unabhängig davon ob ihr mit Kind reist oder nicht)!
Damit sind nicht nur Krankheitskosten gedeckt (ihr zahlt vor Ort die Arzt-/Krankenhaus-/Medikamentenrechnung und reicht diese im Anschluss bei der Versicherung ein und bekommt die Kosten erstattet) sondern auch z.B. der Rücktransport im Ernstfall gesichert. Da das unfassbar teuer werden kann, ist das nicht verhandelbar (stellt euch vor ihr müsst nach einem Unfall liegend im Charterflugzeug nach Deutschland transportiert werden - die Kosten für so einen Flug wollt ihr definitiv nicht selbst tragen!).

Ansonsten ist es wichtig, eine Reiseapotheke mit den wichtigsten Medikamenten dabeizuhaben. Das ist natürlich ein bisschen individuell und kommt drauf an, was ihr so am meisten benötigt aber ein paar Standards sollten nicht fehlen. Unsere Liste findet ihr im Packlisten-Beitrag.


Impfungen

Ein viel diskutiertes Thema und jeder sollte selbst entscheiden wie er das handhaben möchte. Ich teile hier trotzdem meine Meinung:
Ich persönlich denke, dass Impfungen unbedingt notwendig für die eigene Gesundheit und für die Bevölkerung sind. Durch Impfungen konnten schlimme Krankheiten stark eingedämmt oder sogar ausgerottet werden. Es mag sein, dass die Impfung negative Auswirkungen auf den Körper hat, das kann ich nicht beurteilen, aber selbst wenn es so ist, sind die Nebenwirkungen aus meiner Sicht sehr viel weniger dramatisch als die eigentliche Krankheit, die schlimmste Auswirkungen bis hin zum Tod mit sich führen kann (je nach Krankheit natürlich). Ich nehme da lieber die Nebenwirkungen in Kauf (sowohl für mich als auch mein Kind) als Schlimmeres zu riskieren und auch die Ausbreitung der Krankheit mit zu verantworten.
Ihr könnt das natürlich für euch selbst entscheiden. (Reise-)Impfungen sind in der Regel freiwillig und lediglich empfohlen. Eine Ausnahme ist Gelbfieber - viele Länder verlangen bei Einreise einen Nachweis einer Gelbfieberimpfung wenn ihr aus einem Risikogebiet kommt (Risikogebiete sind bspw. Peru und viele afrikanische Staaten). Wenn ihr euch nicht impfen lassen wollt solltet ihr euch vorher gut informieren, wie die Einreisebestimmungen sind und am besten gar nicht in solche Risikogebiete reisen.

Welche Impfungen empfohlen werden, findet ihr auf den entsprechenden Seiten des Auswärtigen Amts für das Reiseziel oder ihr vereinbart am besten direkt einen Beratungstermin beim Arzt.

Wenn man sich impfen lassen möchte sollte man das vorzeitig angehen, da einige Impfungen mehrere Dosierungen im Abstand von mehreren Wochen erfordern um die Grundimmunisierung zu erreichen. Wenn ihr erst zwei Wochen vor der Reise damit anfangt habt ihr auf der Reise keinen Impfschutz. Ich würde empfehlen mindestens 6 Monate vor Reisebeginn einen Termin beim Arzt zu machen, prüfen zu lassen was ihr braucht und einen Impfplan aufzustellen.

Ich persönlich habe ich mich gegen alles impfen lassen (inkl. Dengue, was inzwischen möglich ist) - das gibt mir ein besseres Gefühl wenn ich mich in Ländern mit entsprechenden Risiken bewege. Meine Tochter habe ich gegen alles impfen lassen was in ihrem jeweiligen Alter möglich war und die Impfungen immer nachgeholt, sobald es möglich war (Typhus z.B. kann man erst ab dem 2. Lebensjahr impfen lassen).

Andere Länder, andere Sitten

Reisen mit Kindern in andere Länder - insbesondere nach Südamerika und Südostasien - sind insofern ganz besonders, dass Kinder einen anderen Wert in der Gesellschaft haben. Traurigerweise ist Deutschland das kinderunfreundlichste Land, das wir gesehen haben. Natürlich nicht, was finanzielle Unterstützung, Betreuung usw. angeht aber was die Akzeptanz in der Gesellschaft betrifft.
In Asien bspw. ist es nicht nur vollkommen in Ordnung, dein Kind mit ins Restaurant zu nehmen, es wird überall mit strahlenden Augen begrüßt und die Menschen freuen sich tierisch darüber es zu sehen.
Kinder gehören hier überall hin und man findet sie auch auch überall.
Die Leute sind unglaublich offen und hilfsbereit wenn man mit Kind ankommt, wir haben schon oft ein größeres Zimmer bekommen (ohne zusätzliche Kosten), unsere Tochter kriegt immer und überall etwas geschenkt und man kommt sehr oft darüber mit Leuten in Kontakt und ins Gespräch.
Und auch die Kinder (egal welchen Alters!) sind sehr offen und nehmen unsere Tochter immer gerne auf. Auch wenn sie durch unsere Weltreise nicht in den Kindergarten geht, hat sie überall Kontakt zu anderen Kindern!

Während das ein sehr schöner Aspekt von Reisen mit Kindern ist, gibt es andere Sachen, die einem vielleicht komisch vorkommen. Man kann z.B. nicht durch Asien reisen (und auch durch Südamerika) ohne dass das Kind ständig fotografiert wird. Aber während das in Deutschland ziemlich creepy wäre, ist das da einfach irgendwie normal und gehört zur Kultur. Für die Leute dort ist es eben was Besonderes und das wird dann halt fotografiert. Wenn man damit ein Problem hat, sollte man lieber nicht dorthin reisen, sonst hat man sehr schnell keinen Spaß mehr. Das zu unterbinden wäre eine tagesfüllende Aufgabe und ganz verhindern kann man es eh nicht. Wir haben unseren Frieden damit gemacht (wir Erwachsenen mussten auch des Öfteren für ein Foto herhalten 😉). Solange unsere Tochter kein Problem damit hat sollen die Leute ihr Foto mit ihr bekommen, wir zwingen sie aber natürlich nicht!

Gleiches gilt für Kind anfassen, umarmen und auf den Arm nehmen. Die Leute in Asien und Südamerika freuen sich einfach so sehr über die Kleinen, das bleibt nicht aus. Solange unsere Tochter nichts dagegen hat, ist das auch in Ordnung für uns. Sie hat meistens selbst Spaß daran und wenn nicht, kommt sie zu mir. Sie muss natürlich nichts tun was sie nicht möchte und das wird dann auch respektiert.

Fliegen mit Kindern

Kinder unter 2 Jahren können auf dem Schoß mitreisen, ab 2 Jahren benötigen sie dann einen eigenen Sitzplatz.
Man kann auch einen eigenen Sitzplatz für Kinder unter 2 Jahren buchen - es gibt Meinungen, dass das aus Sicherheitsgründen unbedingt sein müsste (nicht unbedingt im Fall eines Absturzes, dann wäre eh alles egal, aber im Fall von Notlandungen oder Unfällen während der Taxi-Phase am Boden). Wir haben das bei 4 Flügen auch schon gemacht aber da das ganz schön kostspielig ist und wir uns irgendwann dachten, dass man nicht mit allen noch so kleinen Wahrscheinlichkeiten planen kann, haben wir es später gelassen. Unabhängig von der Sicherheitsfrage ist es aber in jedem Fall viiiieeeel bequemer wenn das Kind einen eigenen Sitzplatz hat.
Ein Kind unter 2 Jahren benötigt unbedingt ein geeignetes Rückhaltesystem um auf dem eigenen Platz sitzen zu dürfen, d.h. eine Babyschale oder einen Kindersitz. Diese müssen für das Flugzeug zugelassen sein - die haben dann ein entsprechendes TÜV-Siegel und einen Aufkleber "For use in Aircraft", den man vorzeigen muss! Es gibt nur ein paar Sitze, die das Kriterium erfüllen und einige werden gar nicht mehr hergestellt (hier ist die Liste vom TÜV). Wir haben uns die Brittax Römer Babyschale Baby-Safe 2 i-size mit einer entsprechenden Gurtverkürzung gekauft (damit der Flugzeugsitzgurt auch auf jeden Fall passt, wenn das nicht der Fall ist darf der Sitz nicht verwendet werden).
Soweit zur Theorie, in der Praxis ist es gar nicht so leicht einen Flug mit Sitzplatz für ein Baby zu buchen, online über die üblichen Suchmaschinen funktioniert es nicht und es ist je nach Airline unterschiedlich. Bei Air Canada kann man es z.B. über deren eigene Webseite einfach online buchen, bei Ryan Air muss man nach vorheriger Rücksprache mit dem Kundendienst einen Platz für ein Kind ab 2 Jahren buchen und das Geburtsdatum hinterher über den Kundendienst korrigieren lassen. Bei anderen Airlines muss man das telefonisch buchen. Hier muss man vorher etwas Recherche betreiben.
Generell sollte man auch vorher abklären, ob die Airline das Kinderrückhaltesystem (aka den Sitz) akzeptiert, das ist nämlich nicht einheitlich. Manche der großen Airlines haben eine Liste mit akzeptierten Sitzen auf ihrer Webseite, ansonsten lohnt es sich beim Kundendienst vorher nachzufragen, bevor man am Ende den Sitzplatz umsonst bucht.
Für Kinder ab 2 Jahren wird kein Rückhaltesystem verlangt, allerdings sind die Kleinen noch so klein, dass sie im Zweifelsfall einfach durch den regulären Beckengurt rutschen würden.
Deswegen nutzen wir für unsere Tochter einen Cares-Gurt. Das ist ein zusätzlicher, speziell für Flugzeuge zugelassener Gurt, der um die Rückenlehne und den Beckengurt befestigt wird und einen zusätzlichen Gurt über der Brust bietet.
Die meisten Airlines erlauben die Nutzung, wir hatten damit bislang nie Probleme.

Für Kleinkinder darf man i.d.R. eine extra Wickeltasche als Handgepäck mitnehmen (vorher bei der Airline online nachschauen).
Außerdem darf man 2 von 3 der folgenden Gegenstände - Sitz, Reisebett, Buggy - kostenlos aufgeben.
Sehr hilfreich ist der Gatecheck für den Buggy - wenn man als einen dieser Gegenstände einen Buggy nutzen möchte kann man beim Gepäckschalter angeben, dass man den Gatechecken möchte, dann bekommt er ein Tag und man kann den Buggy dann bis zum Flugzeug mitnehmen und direkt an der Tür abgeben (d.h. man muss das Kind nicht durch den Flughafen tragen!).
Nach der Landung bekommt man ihn direkt hinter dem Ausstieg wieder (bei Zwischenstopps wird er meist auch an der Zwischenstation wieder bereitgestellt, manchmal kommt es aber auch vor dass er komplett durchgecheckt wird und erst am finalen Ziel wieder bereitgestellt wird - vorsichtshalber fragen.)
In der Regel kann man anstelle eines Buggys eine Kraxe aufgeben - am besten bei der Airline vorher nachfragen.
Tipp: wenn ihr sonst nur mit Handgepäck reist, packt größere Mengen Flüssigkeiten (z.B. Sonnencreme) in die Taschen der Kraxe, dann gibt's keine Probleme mit den Flüssigkeitsbeschränkungen fürs Handgepäck von 100ml pro Teil und maximal 1l in Summe.
Wir haben eine extra Schutzhülle für unsere Kraxe, da haben wir unten auch schon sperrige Teile mit reingelegt (z.B. unsere Rettungsweste), dann müssen wir sie nicht im Handgepäck unterbringen. Das sollte man natürlich mit Vorsicht genießen und nicht überstrapazieren, sonst akzeptiert die Airline das vielleicht nicht mehr als kostenloses Gepäckstück.