Huaraz

Wir haben lange überlegt, ob wir überhaupt nach Huaraz gehen sollen, weil wir etwas unsicher wegen der Höhe waren (von 0 auf 3100m ist nicht ohne), vor allem weil wir im Anschluss wieder Richtung Küste wollten und was mit Akklimatisierung viel Aufwand und Zeit kosten würde. Letztendlich haben wir uns doch dafür entschieden hinzufahren und das war ein Glück!
Huaraz war definitiv eins unserer Highlights in Peru!
Huaraz ist eine ziemlich große Stadt (hatte ich irgendwie gar nicht erwartet, aber irgendwie ist immer alles anders als man es sich vorstellt 😁) und das Tor zur Cordillera Blanca (mit Eis auf den Gipfeln) und Cordillera Negra (ohne Eis auf den Gipfeln), die definitiv zu den schönsten Landschaften gehören, die wir besucht haben.
Es ist ein wunderschönes Wandergebiet, einige Hikes kann man selbstständig machen, für viele ist man aber auf eine Tour angewiesen wenn man nicht mit einem eigenen Auto unterwegs ist.
Mit Kind haben wir uns auf die leichteren Wanderungen beschränkt weil wir schnell gemerkt haben, dass bei der Höhe schon die einfachsten Hikes echt anstrengend sind und das wird nicht besser wenn man 16 Kilo extra Gewicht auf dem Rücken tragen muss 😉

Hier sind die Aktivitäten, die wir mit unserer Tochter (2 Jahre, 7 Monate) gemacht haben:

Tag 0: ankommen, akklimatisieren, nichts tun! Viel trinken, noch was essen und früh schlafen gehen.
Ich habe mich nach der Ankunft ein bisschen dizzy im Kopf gefühlt und geradeaus laufen hat mich schon zum Schnaufen gebracht aber das hat sich zum Glück im Laufe des nächsten Tages gelegt. Wichtig ist wirklich seinem Körper Zeit zu geben sich an die Höhe zu gewöhnen!

Tag 1: ganz piano - ein bisschen durch die Stadt laufen, ansonsten noch ausruhen und eingewöhnen. Huaraz ist zwar nicht ultra spannend aber den Plaza de Armas kann man sich mal ansehen und ein Eis essen gehen ist auch nicht verkehrt. Ansonsten ist es immer spannend zu sehen, wie die Leute hier leben -  Nachbarn, die Schafe im oberen Stockwerk vom Rohbau halten findet man hier auf jeden Fall nicht :). 

Tag 2: kleine Akklimatisierungswanderung zum Mirador Rataquenua, dem Aussichtspunkt in der Stadt. Man fährt einfach mit dem Collectivo für 1,50 Soles zum Cementerio General und läuft von dort. Sehr einfache Wanderung, ca. 5,4km hin und zurück, Höhe ca. 3400m.

Tag 3: längere Akklimatisierungswanderung zur Laguna Radian. 8km hin und zurück, Höhe ca. 3900m. Die Wanderung wird noch als einfach beschrieben, hat uns mit Kind auf dem Rücken aber an unserer Grenzen gebracht. Hat sich aber gelohnt, der Weg ist schön und die Aussicht oben auch toll!
Mit dem Collectivo (4 Soles, ca. 1 Euro) kann man zum Eingang des Wanderwegs fahren, von dort fährt auch wieder eins zurück in die Stadt. Wir haben uns am Ende ziemlich gestresst weil wir nicht genau wussten wann das letzte fährt - deswegen lieber früh losgehen damit man sich Zeit nehmen kann und nicht hetzen muss.
Während wir uns übrigens ziemlich einen abgebrochen haben, sind wir an mehreren Einheimischen vorbeigekommen, die ihr Vieh hier oben weiden lassen oder mit Picknicksachen und der ganzen Familie hoch zur Lagune gelaufen sind - für die Leute hier ist das ein ganz normaler Arbeitsweg oder Sonntagsausflug 😂.
Zurück im Hostel hat uns unser Host zu einer Runde Pisco Sour eingeladen - die Besitzer hatten Freunde da und haben in der Küche Drinks gemixt und die Gäste eingeladen. Es war ein super witziger Abend.

Tag 4: Pause. Unsere Körper brauchten Erholung 😉.
Wir sind mit dem Moto zur Jiron José Olaya gefahren, wo man sich Sonntags durch die Straße futtern kann (Die Straße ist gesperrt und Restaurants haben Pavillons, Tische und Stühle draußen stehen und man kann dort günstig essen).

Tag 5: Laguna Rocotuyoc. Dort kommt man nur mit Tour hin - man fährt mit dem Bus bis vor die Lagune und wandert dann noch kurz um den Rand herum zu einem kleinen zweiten See und dem Gletscher. Die Lagune und die dahinterliegenden Berge sind wunderschön! Bis auf einen kurzen Anstieg ist der Weg sehr einfach, ca. 50min hin und ca. 30 min zurück. Man hatte ca. 2h bevor man zurück am Bus sein musste, die Zeit hat ausgereicht auch wenn ich durchaus länger dort hätte verweilen können. Es war gut machbar mit Kind, aber man hat die Höhe von 4500m durchaus gemerkt - Coca hilft! Es war auch ganz schön kalt, wir haben ein bisschen gefailt und unsere Tochter nicht warm genug angezogen weil es sonst tagsüber in der Sonne immer sehr heiß war. Ich habe meinen Pulli geopfert und dann ging es aber dicke Jacke, Mütze und Handschuhe wären angebracht gewesen.

Tag 6: Pastoruri Gletscher. Die Tour ging leider etwas nach hinten los. Man fährt mit dem Bus auf 5200m und läuft noch ca. 2km relativ sanft bergauf zum Gletscher. Auch wenn es nicht sehr steil ist - die Höhe ist brutal. Für mich definitiv zu viel, ich habe kurz vor Ende auch aufgegeben und bin frühzeitig umgekehrt weil ich es sonst nicht rechtzeitig zurück geschafft hätte (man hat nur 2h Zeit bis der Bus wieder zurück fährt und ich konnte nur im Schneckentempo vorwärts gehen). Würde es mit Kind nicht empfehlen, unsere Tochter hatte zwar keine Probleme mit der Höhe (außer dass sie selbst keinen Schritt laufen wollte, aber das muss nicht unbedingt an der Höhe liegen), aber das zusätzliche Gewicht vom Kind auf dem Rücken ist bei der Höhe kein Spaß.
Das Highlight der Tour war aber gar nicht mal der Gletscher sondern die Landschaft durch die man durchfährt um dorthin zu kommen. Ich konnte mich gar nicht sattsehen und hätte gerne etwas Zeit unterwegs verbracht, einfach durch die Ebene wandern und die Aussicht genießen. Da hätte sich ein eigenes Auto gelohnt.

Den beliebtesten Trek (neben den Mehrtageshikes), die Laguna 69, habe wir uns nach den vorgehenden Erfahrungen mit Kind (und mit mir) nicht zugetraut. Die Wanderung geht auf 4900m hoch und ist sehr anstrengend. Mein Mann hat die Tour 2 Tage später noch alleine gemacht und hat es gerade so geschafft, das Kind hätten wir da nicht hochtragen können. Ursprünglich hatten wir überlegt, den abwechselnd zu machen aber ich bin gar nicht mehr gegangen, die schwierige Wanderung bei der Höhe hätte ich nicht geschafft.
Aber mein Mann war begeistert - wer mit der Höhe also etwas besser zurechtkommt sollte sich das nicht entgehen lassen. Nur eben lieber ohne Kind.

Wir sind auf jeden Fall sehr froh nach Huaraz gekommen zu sein. Es gibt einiges was man auch mit Kleinkind machen kann und die Landschaft ist der Hammer! Es lohnt sich auf jeden Fall herzukommen.

Ein Wort zur Höhenkrankheit

Höhenwanderung ist...

...wenn du nur noch im Schneckentempo vorankommst, jede kleinste Steigung einfach nur anstrengend ist, beim Luftholen einfach nicht genug Sauerstoff in die Lunge kommt und Kopfweh, Schwindel und Übelkeit ein ständiger Begleiter sind.

Klingt als sollte man das unbedingt gemacht haben oder? 😃

Spaß beiseite, wenn man die Grundregeln beachtet ist das alles machbar (bis zu einem gewissen Grad, je nach individueller Veranlagung).

Aber sich in der Höhe (ab 2000m - 2500m) zu bewegen ist echt eine Herausforderung. Wenn man aus dem Flachland kommt und das nicht gewohnt ist macht der Körper schon mal schlapp. In jedem Fall ist aber alles was man tut sehr viel anstrengender, man sollte sich also gut überlegen, was man sich so zutraut (oder zumutet).

Ich hab das ordentlich gemerkt als wir nach Huaraz gefahren sind - schon beim Ankommen habe ich mich etwas dizzy gefühlt und mir war ein bisschen schlecht (ging dann aber wieder weg), bei einer Tour zum Pastoruri Gletscher auf 5200m war dann Ende für mich, das konnte ich gar nicht mehr.

Die Grundregeln sind:
- langsam aufsteigen (besser mit dem Bus fahren als zu Fliegen und direkt bei über 2500m aussteigen)
- ordentlich akklimatisieren (nach dem Ankommen erst mal 1-2 Tage nichts Anstrengendes machen)
- danach langsam steigern
- falls man Mehrtageswanderungen macht auf niedrigerem Niveau übernachten als man tagsüber gewandert ist (gängig ist 1000m tagsüber aufsteigen und wieder 500m absteigen um dort zu übernachten)
- auf den eigenen Körper hören, Symptome ernst nehmen und nicht über die eigenen Grenzen pushen (dann wird es nämlich gefährlich und im Extremfall tödlich)

Sollte man also ernste Symptome haben (starker Schwindel, Nasenbluten, Halluzinationen oder ähnliches) oder die Symptome nicht nach 24h abklingen sollte man unbedingt wieder absteigen und auf ein niedrigeres Höhenlevel zurückkehren.

Ob man zu Höhenkrankheit neigt oder nicht und ab welcher Höhe man davon betroffen ist, ist übrigens individuell unterschiedlich und hat nichts mit der körperlichen Fitness zu tun.

Kinder (und ältere Menschen) scheinen tendenziell nicht/weniger davon betroffen zu sein, unsere Tochter hatte überhaupt keine Probleme. Sollte man aber natürlich trotzdem gut im Auge behalten.

Ansonsten sind gerade im Andenraum Coca-Tee und Coca-Blätter sehr beliebt, um die Symptome zu lindern.

Ob es wirklich hilft? Keine Ahnung. Ich fand es angenehm und hatte den Eindruck, es hat das Ganze etwas angenehmer gemacht aber es wird kein großer Game Changer sein (also wenn die Wanderung zu viel für dich ist wirst du sie nicht schaffen nur weil du Coca-Blätter kaust).

Der Tee ist in jedem Fall ganz lecker, Coca-Blätter fand ich ziemlich eklig 😂 Man nimmt sie in den Mund und kaut darauf rum bevor man sie wieder ausspuckt. Sie verursachen einen dezenten Brechreiz, nicht mein Fall. Zum Glück gibt es auch Coca-Bonbons - (angeblich) gleicher Effekt und schmecken viel besser (sehr lecker sogar) 🥳. 

Coca ist in den Anden tief in der Kultur verwurzelt und wird ständig und bedenkenlos konsumiert.
Aber trotzdem der Hinweis: Coca fällt in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz und ich habe gehört es ist nach dem Konsum über 3 Tage im Urin nachweisbar und in der Probe nicht von Kokain zu unterscheiden.
Ich persönlich hatte keine Bedenken aber damit ihr wisst worauf ihr euch einlasst, will ich euch das nicht vorenthalten 😉
Falls ihr also kurz darauf etwas vorhabt, was eine Urinprobe verlangt verzichtet ihr vielleicht besser darauf ^^